Ich träume eine Kirche

Gedanken zum Traum einer Kirche...

ICH TRÄUME EINE KIRCHE, DIE HAT DEN SCHRITT GEWAGT, 
DIE BAUT SICH AUF VON UNTEN
UND DIENT WIE JESUS SAGT (Refrain eines Kirchenliedes)

Von Kindes Beinen an träumte ich nicht nur von einer Kirche, in der die Menschenfreundlichkeit Gottes erfahrbar ist, sondern ich durfte sie auch erleben. Die Geborgenheit, das Gottvertrauen meiner Eltern prägten mich in der Kleinkirche meiner Familie. Die Gemeinschaft, der gute Geist in der Ministrantenschar und Jugendgruppe und der christliche Glaube als tragfähiger Grund für ein gelungenes Leben weckten in mir den Wunsch, diese Erfahrungen weiterzutragen.

Ich träume nicht nur von einer Kirche, die als sichtbares Zeichen auf die Vergänglichkeit dieser Welt und aller materiellen Werte verweist sondern ich durfte es erfahren. Menschen, die sich mit Haut und Haar für das Wohl anderer Menschen einsetzen ob in der Mission (ich denke an Pater Berno aus Wehringen) oder hier unter uns, die dabei selbst einen  einfachen Lebensstil praktizieren und glücklich sind, haben mich schon in der Jugendzeit berührt. Ich habe aus Überzeugung den zölibatären Lebensstil gewählt um mich ohne Vorbehalt mit meiner ganzen Zeit dem Gemeindedienst, dem Aufbau der Kirche als Gemeinschaft der Kinder Gottes widmen zu können. Vor über 34 Jahren wurde ich zum Priester geweiht und hatte den Traum, dass Menschen das Evangelium auch durch meine Verkündigung als Lebenshilfe entdecken können. Ich hatte den Traum, dass die Kirche zur Heimat der Gottsucher wird. Ich hatte den Traum, als 1989 die Mauer zwischen Ost- und Westdeutschland fiel, angestoßen durch die Montagsgebete, Menschen in Ost- und Westdeutschland dankend die Hände falten und Christus in ihrem Herzen einen Platz geben.
Mancher Kirchentraum ließ sich nicht verwirklichen

Ich träume nicht nur von einer Kirche, in der die Amtsträger glaubwürdig sind. Ich habe doch viele erleben dürfen. Schon als Jugendlicher im „Offenen Seminar“ genoss ich die Gesprächsrunden mit Studenten aus dem Priesterseminar. Die Lebensfreude, die sie ausstrahlten, bestärkte mich in meiner Berufung.  Jetzt werde ich verstärkt damit konfrontiert, dass Priester ihrer Berufung untreu wurden, vielleicht sich von Gott verlassen, zu wenig erfüllt fühlten. Nur so ist es verständlich, dass sie ihre priesterliche Sehnsucht, sich zu verschenken, mit dem Wunsch, etwas „für sich haben zu wollen“ eintauschten. Macht wurde missbraucht, sexuelle und körperliche Übergriffe verletzten Menschen an Leib und Seele.  Was ist das?
Ich träume nun von einer Kirche, in der alle Amtsträger Tag für Tag ihrer Berufung nachspüren, und so  glaubwürdig Jesus Christus in seiner Menschenfreundlichkeit bekennen und bezeugen.
Ich träume von einer Kirche, in der die Bischöfe im Dialog mit ihren Priestern stehen und die Priester den Dialog mit den Gemeindemitgliedern praktizieren.
Ich träume von einer Kirche, in der die Gefirmten vom Geist Gottes berührt sind und bereit sind in Verein, Politik, Arbeit und Kirche sich zu engagieren.
Ich träume von einer Kirche, in der Eltern mit ihren Kindern in der Hauskirche der Familie sich täglich im Gebet Gott anvertrauen.
Ich träume von einer Kirche, in der auch Platz ist für Fremde, Behinderte, Kranke und Kinder.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                        Pfarrer Ratzinger